Panoramafreiheit gilt auch für Werke, die an Schiffen sichtbar sind
Mit Urteil vom 23.10.2015 hat das OLG Köln die Anwendbarkeit des § 59 UrhG auch in Bezug auf öffentliche Wasserstraßen und Küstenmeere bestätigt.
Sachverhalt: Ist ein Werk an einem Schiff geschützt?
Im vergangenen Oktober hat das OLG Köln im Berufungsverfahren zugunsten der Beklagten und damit gegen die Klägerin, eine Veranstalterin von Kreuzfahrten, entschieden. Die Klägerin, die ihre Kreuzfahrtschiffe mit dem Motiv eines Gesichtes dekoriert (bestehend aus einem großen Mund am Bug und seitlich liegenden Augen), hatte die Beklagte auf Unterlassung der Nutzung dieser Bilder verklagt. Die Beklagte hatte auf ihrer Homepage Bilder verwendet, auf denen auch Schiffe der Klägerin abgebildet waren. Das Motiv auf den Schiffen konnte man gut erkennen. Die Klägerin war der Meinung, für die Nutzung dieses Motives bedürfe die Beklagte einer Befugnis, die nicht vorläge. Die Beklagte verteidigte die Nutzung der Motive mit der Begründung, dass sie die Fotos selbst an einem öffentlich zugänglichen Ort angefertigt habe.
OLG: Zulässige Vervielfältigung von öffentlichen Werken nach § 59 UrhG
Nach § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG dürfen Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch Lichtbilder vervielfältigt und öffentlich wiedergegeben werden (sog. Panoramafreiheit). Gerechtfertigt wird diese Regelung damit, dass Werke an öffentlichen Plätzen von jedermann gesehen werden können, streng genommen sogar gesehen werden müssen. Das Werk muss sich aber „bleibend“ im öffentlichen Raum befinden. Damit sollen jedoch nur Werke, die sich lediglich vorübergehend im öffentlichen Raum befinden, von der Regelung ausgenommen werden. Denn „gerade das Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung des öffentlichen Raumes gebietet es, auch Werke an Fahrzeugen, die bestimmungsgemäß jedenfalls überwiegend im öffentlichen Raum eingesetzt werden,[…], in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen zu lassen“, so das Oberlandesgericht. Unter diese Beschreibung fallen auch besagte Kreuzfahrtschiffe der Klägerin. Hinzukommt, dass man davon ausgehen kann, dass ein Werk öffentlich zugänglich wird, wenn es an einem öffentlichen Ort, einem Fahrzeug oder auch einem Schiff angebracht wird. Denn bereits der Zweck, das Werk an diesen Orten einzusetzen, führt dazu, dass das Werk von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird, ohne dass diese Wahrnehmbarkeit gesteuert werden kann.
Es kommt auch nicht – so das OLG Köln – darauf an, ob das konkrete Foto von einem Ort aus angefertigt wurde, welcher der Öffentlichkeit zugänglich ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Werk in einer Perspektive wiedergegeben wird, die von einem der Allgemeinheit zugänglichen Ort aus wahrnehmbar ist.
OLG Köln erweitert Anwendbarkeit des § 59 UrhG
Ursprünglich umfasste die Vorschrift des § 59 UrhG nur Werke an Wegen, Straßen oder Plätzen, also Standorte auf dem Festland. Das OLG Köln urteilte, dass es Sinne und Zweck dieser Vorschrift sei, den öffentlichen Raum frei zu halten, so dass die Anwendbarkeit der Vorschrift auch auf öffentliche Wasserstraßen und Küstenmeere übertragen werden müsse.
Fazit
Der § 59 UrhG umfasst also sowohl Standorte auf dem Festland, als auch Wasserstraßen und Küstenmeere und ist damit auch für Werke anwendbar, die auf Schiffen zu sehen sind. Entscheidend ist, ob das Werk in einer Perspektive wiedergegeben wird, die nicht ausschließlich von einem der Allgemeinheit unzugänglichen Ort aus wahrnehmbar ist.
Das OLG Köln hat gegen das Urteil die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Urteil des OLG Köln vom 23.10.2015, Az.: 6 U 34/15