Höhe des Schadensersatzes bei unberechtigter Fotonutzung – MFM-Empfehlungen anwendbar?
Wird ein Foto unberechtigterweise verwendet, kann der Fotograf (oder der Inhaber der exklusiven Nutzungsrechte) die Zahlung von Schadensersatz verlangen. Das Wort „Schadensersatz“ trifft jedoch noch keine Aussage darüber, welcher Betrag tatsächlich zu zahlen ist. In jedem einzelnen Verletzungsfall muss sorgfältig geschaut werden, welcher Schadensersatzbetrag verlangt werden kann. Denn klar ist: Der Fotograf ist an einem möglichst hohen Betrag gelegen, während der unberechtigte Fotonutzer am liebsten gar nicht zahlen würde. Die Frage, welcher Schadensersatzbetrag angemessen und auch vor Gericht durchsetzbar ist, kann daher knifflig werden.
„Fiktive Lizenzgebühr“
Grundsätzlich kann die sogenannte „fiktive Lizenzgebühr“ verlangt werden, wenn man seinen Schadensersatz im Rahmen der Lizenzanalogie berechnen will. Hier ist zu fragen, was vernünftige Vertragsparteien als Vergütung für die unberechtigten Nutzungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten. Es ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung zu ermitteln.
MFM-Empfehlungen = objektiver Wert?
Wie findet man aber nun diesen objektiven Wert? Immer wieder werden hierzu die Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (nachfolgend MFM-Empfehlungen) ins Spiel gebracht. Ihnen soll zu entnehmen sein, welchen objektiven Wert die jeweilige (unberechtigte) Nutzungshandlung hatte. Allerdings tun sich die Gerichte bereits seit einigen Jahren sehr schwer mit der Anwendbarkeit der MFM-Empfehlungen. Als Begründung wird immer wieder aufgeführt, dass es sich bei den MFM-Empfehlungen weniger um eine Übersicht der marktüblichen Vergütungen für Bildnutzungsrechte als vielmehr um eine einseitige Festlegung der Anbieterseite handele. Ob dies ausreichend berücksichtigt, dass die Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing ihre Tabellen anhand von Mitgliederbefragungen anfertigt, sei einmal dahingestellt. Die Gerichte kommen jedenfalls zu der Auffassung, dass eine schematische Anwendung der MFM-Empfehlungen ausscheidet. Dies wäre möglicherweise jedoch dann anders, wenn der Fotograf nachweisen kann, dass er Nutzungsrechte für seine Fotos üblicherweise nach den Vorgaben der MFM-Empfehlungen abrechnet. Dann handelt es sich bei den MFM-Empfehlungen um das übliche Lizenzmodell des Fotografen.
Konstellation des Falles entscheidend
Aber auch in besonderen Konstellationen können die Empfehlungen der Mittelstandsgesellschaft Fotomarketing zur Anwendung kommen. In der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Januar 2019 (OLG Köln, Urteil vom 11.1.2019 – 6 U 10/16 – Palast der Republik) zog das Gericht für die Berechnung der Schadenshöhe tatsächlich die MFM-Empfehlungen heran. Als Begründung stellte das Gericht heraus, dass der Kläger professioneller Fotograf ist und die professionellen Bilder nicht mehr reproduzierbar waren, weil sie den „Palast der Republik“ zeigten, der inzwischen abgerissen worden war. Außerdem hatte der klagende Fotograf beweisen können, dass er für die Einräumung von Nutzungsrechten ein nicht unerhebliches Entgelt nimmt.
Aus der Entscheidung wird man jedoch nicht den Schluss ziehen können, dass die Vorgaben in den MFM-Empfehlungen für professionelle Fotografen üblicherweise herangezogen werden können, wenn es darum geht, die Höhe des Schadens zu berechnen. Vielmehr handelt es sich bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln um einen außergewöhnlichen Fall. Denn das Objekt, welches auf den Fotografien zu sehen war (Palast der Republik), war bereits abgerissen worden, sodass die Fotos nicht reproduzierbar waren. Einen solchen Sonderfall wird man jedoch üblicherweise nicht vorliegen haben. Fälle, in denen die Bildszene gestellt wird, dürften üblicherweise zu einem anderen Ergebnis führen. Das gilt auch, wenn die Szene durch eine Vielzahl von Maßnahmen präpariert wurde. Es dürfte dabei bleiben, dass die Anwendung der MFM-Empfehlungen eher der Ausnahme- als der Regelfall ist.
Dokumentation der üblichen Lizenzpraxis
Meinen Mandanten rate ich grundsätzlich, ihre Aufträge sorgsam zu dokumentieren. Das macht die Darlegung seiner üblichen Lizenzpraxis möglich (und leichter). Dazu gehört nicht nur die Aufbewahrung der Bildmotive im Original und der gestellten Rechnungen, sondern auch die Dokumentation der Umsetzung des jeweiligen Auftrages:
- Wie lautete der Auftrag?
- Aufbewahrung von Angeboten und Auftragserteilungen.
- Welcher Aufwand war für die Fotoarbeiten notwendig?
- Gab es einen Assistenten (Name, Adresse)?
- Aufbewahrung der Fotoserie.
In Bezug auf die Rechnungen, die den erteilten Auftrag abbilden, sollte darauf geachtet werden, dass diese die eingeräumten Nutzungsrechte – aber auch Einschränkungen derselben – umfänglich beinhalten. Dies beugt Missverständnissen zwischen den Vertragsparteien vor. Außerdem können die Rechnungen auf diese Weise besser verwendet werden, wenn später doch einmal unberechtigte Fotonutzungen zu berechnen sein sollten. Werden in den Rechnungen tatsächlich die MFM-Empfehlungen zugrundegelegt, sollte auch das der Rechnung zu entnehmen sein.
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